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Forschungsprojekt SchukoV2024: Gewaltschutzkonzepte verankern

Am 19. Juli 2024 fand an der DHBW Stuttgart das Abschlusssymposium des dreijährigen Forschungsprojekts „zur nachhaltigen Verankerung von Schutzkonzepten gegen (sexualisierte) Gewalt in pädagogischen Kontexten“ (SchukoV2024) statt.

Die Landesbehindertenbeauftragte Simone Fischer und Prof.in Dr. Beate Sieger-Hanus, Rektorin der DHBW Stuttgart, hielten Grußworte zur Eröffnung der Veranstaltung. Moderiert wurde der Tag von Prof.in Dr. Melanie Werner (DHBW Stuttgart) und Melanie Pribil (Landeskoordinierungsstelle spezialisierter Fachberatungsstellen bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend). 

In Kooperation mit der Johannes-Diakonie und der Stiftung St. Franziskus konnten wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse zum Gewaltschutz gewonnen werden. Dank der Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg wurde wertvolles Wissen darüber erlangt, wie der Gewaltschutz nachhaltig in den Einrichtungen verankert werden kann.

Prof.in Dr. Anja Teubert, Projektleitung von SchukoV2024 und seit über 20 Jahren Expertin für sexualisierte Gewalt sowie Mitglied im Nationalen Rat der Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), eröffnete die Veranstaltung mit einem eindrucksvollen Vortrag. Sie beleuchtete die besonderen Herausforderungen im institutionellen Gewaltschutz für Menschen in Eingliederungs- und Jugendhilfeeinrichtungen. Prof.in Teubert wies darauf hin, dass insbesondere die sexualisierte Gewalt oft ein Tabuthema sei, bei dem viele Menschen ihre eigenen Wahrnehmungen und Gefühle in Frage stellen. Sie betonte die Bedeutung, sich mit Schuld- und Schamgefühlen auseinanderzusetzen und erklärte: „Wir empfinden Scham, wenn wir Gewalt erleben oder beobachten und nicht eingreifen oder wenn wir eine Kollegin oder einen Kollegen auf grenzüberschreitendes Verhalten ansprechen. Es besteht stets die Sorge, etwas missverstanden zu haben und fälschlicherweise zu beschuldigen.“ Daher sei es besonders wichtig, als Gesellschaft offener zuzuhören, hinzusehen und über Erfahrungen mit Gewalt zu sprechen. Prof.in Teubert und ihr Team haben sich selbst während des Projekts intensiv mit der Dynamik von Gewalt und Grenzverletzungen auseinandergesetzt und wichtige Erkenntnisse in ihre Forschung einfließen lassen.

Im Anschluss präsentierte Julia Huber stellvertretend für das Projektteam von Prof.in Dr. Anja Teubert zentrale Forschungsergebnisse. Sie hob die wesentliche Rolle von Gewaltschutzbeauftragten und Führungskräften hervor und erläuterte, wie diese Akteur*innen innerhalb ihrer Organisationen agieren müssen, um den Gewaltschutz nachhaltig zu verankern. Julia Huber wies auch auf regionale und rechtliche Anforderungen hin, wie die Notwendigkeit von Fachberatungsstellen für Menschen mit Behinderungen, regionale Schutzkonzepte sowie das Bewusstsein für Risikofaktoren und Machtsensibilität zwischen Leistungserbringern und -trägern.

Milena Buhl und der Co-Forschende Michael Gänßmantel stellten aus ihrer Forschung ein neu entwickeltes Risikoanalysetool vor, das in einer partizipationsorientierten Zusammenarbeit speziell für Wohneinrichtungen von Menschen mit komplexen Behinderungen konzipiert wurde. Dieses Tool identifiziert spezifische Risiken und liefert wertvolle Erkenntnisse zur Verbesserung der Gewaltschutzmaßnahmen aus der Perspektive der Betroffenen. Die enge Zusammenarbeit mit Expert*innen in eigener Sache ermöglichte tiefere Einblicke in die Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen und trug zur Entwicklung eines praxisnahen Instruments für die Gewaltschutzarbeit in Wohngruppen bei.

Simone Fader von der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn und Meike Salerno von der Johannes-Diakonie Mosbach berichteten aus ihrer Praxis als Gewaltschutzbeauftragte. Sie schilderten die Herausforderungen und Erfolge bei der Umsetzung von Gewaltschutzmaßnahmen. Besonders wichtig sei aus ihrer Perspektive der persönliche Kontakt zu den Nutzer*innen und zu den Teams vor Ort sowie ein Netz aus Multiplikator*innen.

Nach einer anregenden Diskussion im Format Fishbowl mit den Gästen Matthias Nietsch, ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Prävention bei Kindesmisshandlung, -Vernachlässigung und sexualisierter Gewalt e.V. und Mitglied des AUAO (Ausschuss für unabhängige Aufarbeitung in Ordensgemeinschaften) und Karl Haucke, Mitglied des Betroffenenrats bei der UBSKM sowie des Aktionsbündnisses der Betroffeneninitiative in Deutschland, fanden am Nachmittag Workshops statt. In diesen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich intensiv mit den verschiedenen Akteursgruppen im Gewaltschutz auseinanderzusetzen und ein Zukunftsbild für einen nachhaltigen Gewaltschutz bis 2030 zu entwerfen.

Die hier gewonnenen Bilder für den zukünftigen Gewaltschutz aus der Perspektive unterschiedlicher Akteur*innen machen deutlich, dass jeder und jede einen Beitrag leisten kann.