Neue Studie „automatisiertes Fahren“ der DHBW Stuttgart: Ergebnisse erstmals präsentiert
Zentrale Erkenntnisse wurden rund 200 Unternehmensvertretern sowie der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Insbesondere für die Automobilindustrie lassen sich wichtige Informationen aus den durchgeführten Analysen ableiten. Ab sofort ist der begleitende Forschungsband erhältlich.
Wie werden teilautomatisierte Funktionalitäten des autonomen Fahrens hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit wahrgenommen? Welche Zahlungsbereitschaft zeigen potentielle Kunden für diese? Wie unterscheiden sich manuelle und automatisierte Fahrvorgänge aus impliziter Perspektive? Unter der Leitung von Prof. Dr. Marc Kuhn und Prof. Dr. Sabine Korte beschäftigten sich 39 Studierende aus dem Studiengang BWL-Industrie: Industrielles Servicemanagement der DHBW Stuttgart im Rahmen einer User-Experience-Studie unter anderem mit diesen Fragestellungen.
Durch eine Testfahrt mit Serienfahrzeugen der Mercedes-Benz E- bzw. S-Klasse hatten über 200 Probanden die Möglichkeit, automatisierte Fahrassistenzsysteme im regulären Straßenverkehr Stuttgarts zu testen. Messmethoden wie Eye Tracking bzw. EEG (Elektroenzephalografie) ergänzten zwei Befragungen zur Datenerhebung.
Die Studie verdeutlicht, dass das autonome Fahren in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird und dass die Mehrheit der Personen auch offen für dieses Thema ist. Auch wenn die Technik aus Sicht der Kunden noch nicht zu 100% ausgereift erscheint, ist die Gesamtwahrnehmung des Themas eindeutig positiv.
Anhand der Ergebnisse zeigt sich beispielsweise, dass die Automobilindustrie spezifische Einflussfaktoren wie relative Vorteile, die wahrgenommene Nützlichkeit sowie die wahrgenommene einfache Usability der Funktionalitäten gezielt ansprechen sollte. So könnten:
- Marketingkampagnen spezifisch auf den Sicherheitszugewinn der automatisierten Fahrzeuge hinweisen
- OEM (Original Equipment Manufacturer) die Fahrassistenzsysteme als potentielle „Unfallvermeider“ stärker in der eigenen Kommunikation hervorheben.
Eine weitere Erkenntnis der Studie: Begriffsvermischungen und eine ungenügende Trennschärfe zwischen einzelnen Automatisierungsgraden im Bereich teilautomatisierter Fahrzeuge führen vermehrt dazu, dass Vorstellungen und Halbwissen einiger Verbraucher der momentanen Realität vorauseilen. Hier haben die OEMs Aufklärungsarbeit zu leisten, um Verbrauchern die Skepsis zu nehmen.
Eine Ableitung spezifischer Personas durch das Datenmaterial zeigt zudem, dass automatisierte Fahrfunktionen von Autofahrern auch sehr differenziert wahrgenommen und eingeschätzt werden. Dies ist sicherlich auch ein weiterer Grund für die sehr unterschiedlichen Meinungsbilder zum Thema „Autonomes Fahren“. Ob in Wirtschaft oder Politik gilt es daher, diese Unterschiedlichkeiten zunächst zu erkennen und darauf aufbauend zielgruppenspezifisch zu reagieren.
Die Analyse der Eye-Tracking Daten hat zudem gezeigt, dass mit der Nutzung von automatisierten Fahrfunktionen eine längere Blickabwendung vom Fahrgeschehen einhergeht. Durch Gewöhnungseffekte ist davon auszugehen, dass der Trend einer zunehmenden Blickabwendung noch stärker wird – insbesondere im Kontext einer Level 3 Automatisierung, welche das tatsächliche Nutzen fahrunabhängiger Dinge möglich macht. OEM sollten daher intelligente Human-Machine-Interface Lösungen entwickeln, um eine zu starke Ablenkung vom Fahrgeschehen und somit ein steigendes Unfallrisiko einzudämmen.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Absatzmarkt von Fahrzeugen mit automatisierten Fahrfunktionen als vielversprechend eingestuft werden kann, veranschaulicht insbesondere durch die hohe Bereitschaft der Probanden, automatisierte Fahrfunktionen in Zukunft nutzen zu wollen.
Im September 2018 folgt die Präsentation der spannenden Ergebnisse vor Parlamentariern im Berliner Bundestag.