Großes Interesse beim 1. Horber Plastics Future Day
Zur Fachtagung waren über 40 Teilnehmende der Kunststoffwelt gekommen, um sich über das Thema Nachhaltigkeit in der Kunststofftechnik auszutauschen und Neues zu erfahren.
In Ihrer Begrüßung würdigte Professorin Antje Katona, Leiterin des Campus Horb, den „Plastics Future Day“ als wichtige Plattform zwischen der Hochschule und der zukunftsbestimmenden Kunststoffbranche. Sie möchte noch mehr junge Menschen für ein Duales Studium der Kunststofftechnik begeistern und wies auf die Einzigartigkeit des neu geschaffenen Schwerpunktes „Digitale Produktentwicklung und Nachhaltigkeit in der Kunststofftechnik“ hin.
Prof. Dr.-Ing. Stefan Epple führte in die Thematik ein und ging noch näher auf Studieninhalte ein, beispielsweise die digitale Entwicklung und Konstruktion von Kunststoffprodukten, die Automatisierung in der Kunststofffertigung oder die additive Fertigung, die ein Studium der Kunststofftechnik besonders attraktiv machen.
Den Auftakt der Vortragsreihe machte Professor Epple mit seinem Beitrag mit dem griffigen Titel „Kunststoffzukunft”. Eine gute Nachricht hatte er vorweg: Fragt man KI, so haben Kunststoffe durch moderne Methoden der Herstellung und Wiederverwendung ein positives Image. Sehr lebendig zeichnete er die Bandbreite von Kunststoffen und ihr Image im Wandel der Zeit auf: Von der Sensation des ersten künstlich hergestellten Trinkhalms im Jahr 1888 über Designmöbel, die ein „moderner Mensch” in den 70-er Jahren haben musste, bis zur heutigen gängigen Wahrnehmung von „Plastik“ als Verpackungsmüll. Gleichzeitig sind Kunststoffe nachhaltig hergestellte Hochleistungswerkstoffe, die aufgrund ihrer Eigenschaften nicht nur in der Medizin- oder Umwelttechnik alternativlos sind.
In einem weiteren Punkt zeigte Professor Epple auf, wie wichtig das Abwägen der Umweltauswirkungen von Kunststoffen und der Einsatz natürlicher Ressourcen ist: In manchen Fällen, etwa bei isolierten Transportbehältern in der Luftfracht, sind Mehrwegverpackungen nicht sinnvoll, wenn sie leer zurücktransportiert werden müssen, da dieser Rücktransport den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen erhöht. Darum sind sowohl die Wiederverwendung als auch das Recycling von Kunststoffen unerlässlich.
Forschung und Lehre im Bereich Nachhaltigkeit werden am Campus Horb großgeschrieben: Professor Epple stellte das Nachhaltigkeitslabor der DHBW vor: Hier führen Studierende den kompletten Recyclingkreislauf eines Kunststoffprodukts durch – vom Gelben Sack bis zur neuen Stapelbox.
Sind Kunststoffe Lösungen in der Klimakrise? Den letzten Punkt seiner Ausführungen beantwortete er eindeutig mit Ja. Als nur eines von vielen Beispielen tragen sie in Gebäuden zur Energieeinsparung durch Wärmedämmung bei. In Photovoltaikanlagen sind Polymere optimale Werkstoffe zur Einkapselung von Solarzellen.
Über aktuelle Themen und Herausforderungen beim Recycling von Kunststoffen informierten Vertreterinnen und Vertreter namhafter Unternehmen in anschaulichen Vorträgen.
Kunststoffrecycling ist das „neue Normal“! Darüber referierte Monica Harting von der Remondis GmbH & Co. KG. Technologieentwicklungen gibt es immer dann, wenn der Markt Innovationen für ein entstehendes Produkt fordert. Herausragend ist die Innovation, die eine nahezu vollautomatisierte, KI-gestützte Sortierung zur Maximierung der Recyclatqualität ermöglicht. In einer nahezu vollautomatisierten Sortieranlage können Kunststoffabfälle nicht nur nach Sorte, sondern auch nach Farbe und weiteren Eigenschaften sortiert werden. Die höhere Sortierqualität steigert die spätere Produktqualität deutlich. Politische Vorgaben sind ein wichtiger Treiber der Entwicklung. Die Recycling-Expertin wies darauf hin, dass Qualitätseigenschaften der sortierten Abfälle zwar eingehalten werden, der geforderte Nachweis aber mit hohem Prüfaufwand verbunden ist.
Die derzeitige Krise im werkstofflichen Kunststoffrecycling führt Dr. Dirk Textor von der Waste Plastics Experts GmbH auf eine zu geringe Unterstützung von politischer Seite und zu niedrige Recyclingquoten zurück. Ungeachtet des bedeutenden Recycling-Potenzials stellt er eine große Lücke zwischen der verarbeiteten Kunststoffmenge und dem tatsächlich recycelten Material fest. Dringende Maßnahmen sind die Förderung von „Design-for-Recycling“ und die Verbesserung der Sortierqualität zur Steigerung der Wiederverwertungsrate. Dr. Textor machte in seiner Präsentation auch auf die Problematik fehlender geschlossener Materialkreisläufe aufmerksam und unterstrich die Notwendigkeit einer strukturellen Veränderung im Kunststoffrecycling.
Welche Aufgaben bei der Verarbeitung von Mahlgütern bewältigt werden müssen, war das Thema von
Dr.-Ing. Linda Trosse von der Lehmann & Voss & Co. KG/WMK Plastics GmbH. Sie berichtete über die anspruchsvolle Aufgabe der Herstellung gleichbleibend guter Endprodukte aus unterschiedlichen Rohstoffen und Qualitäten: Aufbereitungsprozesse müssen immer wieder angepasst werden. In diesem Kontext betonte sie den hohen Stellenwert von hoch qualifizierten Fachkräften und guter Laborausstattung.
Über Herausforderungen und Lösungen beim Recycling mit einem Doppelschneckenextruder referierte Dan Zebergs von der Coperion GmbH. Er ging dabei auf unterschiedliche Mahlgüter und deren Zudosierung ein. Ein Beispiel sind Folienschnipsel, die anders als geschredderte Angüsse behandelt werden müssen. Außerdem zeigte Herr Zebergs eine innovative Methode, anhaftende Feuchtigkeit auf effiziente Weise während des Transports zum Compounder zu trocknen. Eine besondere und zudem sehr energieeffiziente Technologie ist die Filterung der Schmelze über ein zusätzliches By-Pass-Aggregat in der Mitte des Prozesses. Der Vorteil dabei ist, dass die Schmelze gefiltert werden kann und es dennoch möglich ist, Zusatzstoffe hinzuzufügen, die bei der sonst üblichen Filterung am Ende der Anlage wieder verloren gehen würden.
Der Vortrag zum Thema PVC-Recycling in der Fensterprofilbranche rundete die Vortragsreihe ab.
Dr.-Ing. Oliver Kast von der aluplast GmbH Kunststoff-Fenstersysteme stellte die Fensterprofilextrusion als Vorreiterbranche im Kunststoffrecycling vor. Er zeigte auf, wie Kunststoffe, die Jahrzehnte im Einsatz waren, wieder in neuen Fenstern eingesetzt werden können. Darüber hinaus stellte er Wege vor, wie sich unterschiedliche Hersteller desselben Produkts zusammenschließen können, um gemeinsam und selbstverpflichtend Recycling voranzutreiben.
In einer abschließenden Diskussion würdigten die Teilnehmenden den „Plastics Future Day“ als lebendiges Format für positive Impulse, Denkanstöße und Lösungsansätze und freuen sich, wenn es im nächsten Jahr fortgeführt wird.